, Manuel Oertig

Saisonbericht Mofacross 2020 - 24h Rennen Italien

Einen Siegerpokal gewinnen? Nein, davon träumte keiner unseres Teams. ‘mir gönd für dä Sieg’ war lediglich eine Floskel, welche zwischendurch als Spass erwähnt wurde. Dass wir schlussendlich drei Pokale nach Hause bringen konnten, freute uns natürlich umso mehr.

Einen Siegerpokal gewinnen? Nein, davon träumte keiner unseres Teams. ‘mir gönd für dä Sieg’ war lediglich eine Floskel, welche zwischendurch als Spass erwähnt wurde. Dass wir schlussendlich drei Pokale nach Hause bringen konnten, freute uns natürlich umso mehr.
Doch zum Anfang der Geschichte. Den Stein ins Rollen brachte Martin Schraner, SAM-Mofacrosser, Motocrosser, Polymech, seit Juni 2020 Maschinenbauingenieur. Mitglied des Teams Maiszünsler, welche bei der letzten Austragung des hiesigen 10h Töfflirennen’s, bei der Endabrechnung die höchste Rundenzahl für sich verbuchen konnte. In Spanien gäbe es ein solches Rennen, welches 24h daure, hörte man ihn immer wieder erzählen. Natürlich wolle er einmal dort dabei sein. Die Herausforderung für Mensch und Maschine während dieser Zeit zu kämpfen und durchzuhalten wollte er mit dem eigenen Leib spüren.
Corona durchkreuzte seinen Plan. Spanien schon längst im Lockdown, die Menschen seit Wochen zu Hause in Quarantäne. Kein Mofarennen in Sichtweite. Die schweizer Motorfreaks nutzten die Zeit für Neukonstruktionen, trainierten und testeten, wann immer es möglich war. Während im Frühling noch Zuversicht herrschte, wenigstens ab August wieder Rennen bestreiten zu können, mussten sie mit hängenden Köpfen zur Kenntnis nehmen, dass ein Rennen nach dem anderen abgesagt wurde. Sie verstanden es, da der Aufwand für die Organisation enorm ist. Wenigstens sollten die Materialkosten gedeckt werden können. Idealerweise auch Wurst & Brot für die freiwilligen Helfer. Im Juni 2020 entschied der SAM-Vorstand, Motocrossrennen für Profis und Junioren, wenn möglich durchzuführen. Die Anlässe aller weiteren Gruppen wurden gestrichen. Auch diesen Entscheid akzeptierten die Mofacrosser schweren Herzens.
Schraner jedoch lässt nicht locker. Er ist ein sympathischer, hartnäckiger Rheintaler. In Italien findet trotz den widrigen Umständen im Oktober 2020 ein 24h Rennen statt. Da könnte man teilnehmen! ‘Die Distanz’? Kurz, nach der Grenze. Also kein Thema. ‘Corona’? ‘Quarantäne’? Alles wird ausgeblendet. 5 Fahrer, 2 Mechaniker, 1 Betreuer werden benötigt. ‘Meldet sich jemand freiwillig? ‘ Kein Problem! Der Initiant ist selbst aktiv dabei, Silvan Tanner, Reto Weber, Manuel & Ruedi Oertig melden sich als Fahrer. Mechaniker sind ebenfalls sofort gefunden. Ivan Schaufelberger, ebenfalls Mofacrosser und SAM Vorstandsmitglied, sowie Ueli Wey und Many Marty wollen sich dieser Challenge stellen.
Angemeldet wurde im August. Zwei Monate blieben für die Konstruktion des Mofas. Erstes Meeting Ende desselben Monats. ‘Wie, was, wo’? Es wurde reichlich ‘gefachsimpelt’, Pläne & Listen entstanden und es wurde bis in die Morgenstunden recherchiert. Viele Stunden wurden nochmals investiert, um Technische Details an das Reglement des 24h Rennens anzupassen und mögliche Defekte vorzubeugen.
Am Freitag, den 16. Oktober reisten wir 280km bis nach Arona. Unserem Team hatten ebenfalls einen Dolmetscher dabei, welcher uns ermöglichte die Italiener zu verstehen. Nach unserer Ankunft konnten wir unser Fahrerlager einrichten und bald schon fanden wir den Weg unter die Bettdecke, sodass alle bestens ausgeruht das Rennen antreten konnten.
12:00 der Startschuss ist gefallen. Martin Schraner war der erste Fahrer und versuchte sich möglichst schnell im Fahrerfeld zurechtzufinden. 44 Teams waren am Start, unterteilt in drei Kategorien. Die Piste war ziemlich anspruchsvoll. Hindernisse, Sprünge und enge Passagen waren zu genüge vorhanden.
Nach drei Runden riss bereits die Antriebskette. Bei einem Defekt muss der Fahrer gemäss Reglement sein Töffli die ganze Piste bis zum Fahrerlager stossen. In Rekordzeit haben die Mechaniker die Kette gewechselt und die Fahrt konnte weiter gehen. Nach 38 Minuten waren wir auf dem 10 Rang. Wir bemerkten bald, dass sich unsere Rennmaschine als konkurrenzfähig erwies. Abwechslungsweise drehten wir unsere Runden, alle 45 Minuten wurde ein kurzer Boxenstopp inklusive Fahrerwechsel und Benzintanken eingelegt. Wir konnten uns stetig nach oben kämpfen und hatten bis auf den ersten Ausfall keine nennenswerte Panne mehr. Nach 1 Stunde und 32 Minuten waren wir bereits auf Rang 3 angelangt. Weitere Stunden vergingen, die spanischen Kontrahenten kämpften mit technischen Problemen. Somit waren wir nach knapp 4 Stunden in Führung, mit bereits 2 Runden Vorsprung auf das 2. platzierte Team. Die Freude war riesig, jedoch waren wir uns bewusst, dass das Rennen noch weitere 20 Stunden andauern wird. Auf unsere Technik waren Verlass und wir konnten unseren Vorsprung halten.
Bald schon brach der Abend an. Ab 19.00 Uhr galt es die obligatorische Beleuchtung einzuschalten. Das Fahren in der Nacht war eine völlig neue Erfahrung für alle Fahrer. Die Strecke wurde vor dem Eindunkeln eingekürzt, somit wurden die Verfahrensten Stellen nicht mehr passiert, was vor allem der Sicherheit der Fahrer diente. Weiterhin war der 2. platzierte uns auf den Fersen, den Vorsprung konnten wir erst nach ca 15 Stunden ausbauen. Nach 16 Stunden 36 Minuten betrug der Vorsprung bereits 39 Runden. Als die Bremswirkung der Vorderradbremse plötzlich nachliess, beschlossen die Mechaniker diese auszutauschen, dafür benötigten sie keine 10 Minuten. Wir konnten wieder mit voller Leistung weiterfahren. Vielen Dank für eure speditive Arbeit.
An dieser Stelle auch ein herzliches Dankeschön an unseren kleinen Fanclub, welcher den weiten Weg nach Italien aufgenommen hatte, um uns mental zu unterstützen. Es hat uns riesig gefreut, obschon wir uns mehrheitlich auf die Piste fokussieren mussten. Ihr habt uns angefeuert bis in die späte Nacht hinein.
Schlafen war eigentlich kein grosses Thema, in der 3 stündigen Pause bis zum nächsten Einsatz konnten sich die Fahrer Verpflegen, jedoch war der Adrenalinpegel noch so hoch das sich niemand in den Tiefschlaf stürzen konnte.
Es waren sehr harte Bedingungen während der Nacht. Die Temperaturen sanken stark und die Sicht war erheblich beeinträchtig. Alle Fahrer waren erleichtert, als sich die Morgensonnen wieder blicken liess. Mit vollem Elan trat jeder seinen letzten Einsatz an, wobei sich schon die ersten Muskeln bemerkbar machten. Das Rennen neigte sich dem Ende zu. Eine Stunde vor Schluss waren wir unseres Sieges sicher, da wir einen riesigen Vorsprung herausfahren konnten, welcher es den anderen Teilnehmern nicht mehr ermöglichte uns einzuholen.

Das Ende war da. Martin Schraner absolvierte die letzte Runde mit umgebundener Flagge. Italien wies den Weg, die Schweiz ging ihn. Das Publikum war begeistert, vom Speaker fielen einige italienische Worte, die wir nicht verstanden. Wir mussten wieder einmal um die Übersetzung von unserem Team-Koch Frank bangen. ‘Das erste Schweizer Team, das an diesem Rennen am Start war. ’ Unsere Spitzenleistung konnten die italienischen und spanischen Teams kaum fassen.
Nach der Rangverkündigung wurde der Grill angeheizt und schon bald machten wir uns wieder auf den nach Hause Weg. Ein unvergessliches Abenteuer, hart aber sehr Lehrreich.
Am Montag nach dem Rennen meldete sich ein spanisches Team. Sie wollen beim nächsten 10 Stunden Rennen in Eschenbach dabei sein. Das freute uns zu hören. Ihr seid herzlich willkommen. ‘ Hasta luego amigos’! Die Kampfansage wurde angenommen.